European Trade Union Committee for Education (ETUCE) hat Inklusion im Fokus
Solingen/ Am 5. September besuchte eine Delegation der europäischen Gewerkschaft ETUCE (European Trade Union Committee for Education) die Grundschule am Böckerhof in Solingen, um den Stand der Inklusion an deutschen Schulen zu beleuchten. Der Besuch war Teil eines von der EU geförderten Projekts, das die Umsetzung der Inklusion in verschiedenen europäischen Ländern untersucht. Neben der Förderung von Schülern lag der Fokus auch auf den Arbeitsbedingungen der Lehrkräfte. Die ETUCE vertritt insgesamt 144 Bildungsgewerkschaften europaweit, darunter auch den Verband Bildung und Erziehung (VBE) in Deutschland.
Schwerpunkt: Inklusion und schulische Rahmenbedingungen
Während des Besuchs nahmen die Wissenschaftler an einer Unterrichtsstunde teil und erhielten bei einem Rundgang einen Einblick in den Schulalltag der Grundschule. Organisiert wurde die Veranstaltung von Daniel Weber, stellvertretender Vorsitzender des VBE Solingen und selbst Grundschullehrer an der Grundschule am Böckerhof. Am Nachmittag fand eine Gesprächsrunde mit Vertretern verschiedener Bildungssektoren statt, in der die Herausforderungen und Chancen der Inklusion in Deutschland ausführlich diskutiert wurden.
Die ETUCE betonte, dass es auf europäischer Ebene nur wenige Studien zum deutschen Schulsystem gibt, weshalb der Austausch mit deutschen Lehrkräften und Schulleitungen von großem Interesse sei. Die Rektorin der Grundschule Böckerhof, Frau Schrader, machte in diesem Zusammenhang auf die Personalprobleme im Bereich der sonderpädagogischen Förderung aufmerksam: „Wir haben die Stellen, aber es bewirbt sich niemand mehr auf die Ausschreibungen.“
Lehrermangel und gesellschaftliche Veränderungen als zentrale Herausforderungen
Daniel Weber bestätigte, dass der Lehrermangel nicht nur in Deutschland, sondern europaweit ein großes Problem darstelle. „Der Lehrerberuf hat in den letzten Jahren deutlich an Ansehen verloren und die Belastungen durch Bürokratie, große Klassen und fehlende Förderung nehmen immer weiter zu,“ so Weber. Zudem seien gesellschaftliche Veränderungen, wie die steigende Anzahl berufstätiger Eltern, eine zusätzliche Herausforderung. Oft seien Eltern gezwungen, außerschulische Fördermaßnahmen wie Ergotherapie und Logopädie außerhalb der Schulzeiten zu organisieren, was für viele Familien eine enorme Belastung darstellt.
Alle Teilnehmer der Gesprächsrunde waren sich einig, dass die schulischen Rahmenbedingungen dringend angepasst werden müssen. Eine mögliche Lösung wäre, Ergotherapeuten und Logopäden direkt an den Schulen zu beschäftigen und so die multiprofessionellen Teams auszubauen. Dies würde nicht nur die Eltern und Lehrkräfte entlasten, sondern auch eine regelmäßige und erfolgreiche Förderung der Kinder sicherstellen, erklärte Weber.
Kontinuität in der sonderpädagogischen Förderung
Ein weiterer Schwerpunkt der Diskussion lag auf der Bedeutung von Kontinuität in der sonderpädagogischen Förderung. Gerade Kinder mit speziellem Förderbedarf reagieren oft sensibel auf Veränderungen und zu viele Eindrücke. Doch der aktuelle Lehrermangel führt dazu, dass an vielen Schulen zu wenige Sonderpädagogen für zu viele Klassen zuständig sind, was eine kontinuierliche Förderung erschwert. „Das verunsichert die Kinder und hemmt ihren Fortschritt,“ so Weber abschließend.
Der Besuch der ETUCE an der Grundschule am Böckerhof ist Teil einer Reihe von Schulbesuchen in verschiedenen europäischen Ländern, die dazu dienen, die Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention zu beobachten und Handlungsbedarfe zu identifizieren.