Eine Wanderung durch den historischen Ortskern Gräfraths
von Kay Ganahl/ Die Solinger Autorenrunde und Freunde feiert im Jahr 2024 ihr zehnjähriges Bestehen. Martina Hörle, die Gründerin der Gruppe von Solinger Autoren, hatte eine famose Idee, nämlich um dieses Jubiläum zu begehen, eine literarische Fackelwanderung im beschaulichen historischen Ortskern Gräfraths durchzuführen. Alle Mitglieder waren einverstanden. Zusammen mit Gundula Wolf, die den Verein für Kunst und Kultur in Gräfrath e.V. leitet, wurde der Plan am frühen Abend des 18. Oktober ins Praktische umgesetzt.
Die aktuellen Mitglieder der Runde – Martina Hörle, Gründungsmitglied Kay Ganahl, Florian Meurer, Pascal Herder, Markus Missing und Dirk Steinert trafen sich am Marktbrunnen mit Saga Grünwald, der bekannten Solinger Autorin und Journalistin, die als lesende Gastautorin geladen war. Das Mitglied Remy Matelot fehlte aus Krankheitsgründen.
Ein als Nachtwächter verkleideter Solinger – übrigens haben sog. Nachtwächter-Rundgänge in Solingen-Gräfrath Tradition – kam auch und bezog Position. Bald gesellte sich die schwarz kostümierte Gundula Wolf hinzu, die zu Beginn der Wanderung beim Marktbrunnen kurz nach 18 Uhr eine schauspielerische Vorstellung als eine wiederauferstandene, im 17. Jahrhundert verbrannte „Hexe“ lieferte, mit der sie die Autoren und die mehr als zwanzig Gäste aus nah und fern, die um 18 Uhr herum eingetrudelt waren, in ihren Bann zog.
Wenig später las Kay Ganahl seinen Text zum Thema Wölfe/Werwölfe, deren hässliche Schönheit ihm eine gewisse Faszination abnötigt. Die Gesellschaft zog weiter. Vor dem Brunnen am Täppken gab der Nachtwächter zum Besten, was es mit diesem Brunnen so auf sich hat. Ihm folgte Saga Grünwald am selben Ort mit einem Beitrag, in dem sie den sog. Blutmond thematisierte. Es folgte eine romantische Geschichte.
Und die Fackeln wurden angezündet. Ja, bei dieser Fackelwanderung handelte es sich nicht nur um eine recht stimmungsvolle Unternehmung, sondern durch die Lesebeiträge der Autoren an bestimmten geeigneten Stellen, die Martina Hörle zuwies, um einen relevanten Beitrag zur Solinger Kultur. Die literarischen Texte sollten schwerpunktmäßig auf Phänomene der Vollmondnacht und auf den historischen Ortskern Gräfraths mit seinen überwiegend aus dem 18. Jahrhundert stammenden architektonischen Highlights Bezug nehmen.
Markus Missing setzte die Gruppenlesung mit zwei literarischen Werken fort; in dem einen ging es auch um den Vollmond. Der vor Kurzem zur Solinger Autorenrunde und Freunde aus Wuppertal gestoßene Dirk Steinert las bei der Katholischen Kirche einen Text, der erhellen sollte, wie und warum es überhaupt zu Geschichten und Märchen kommt. Alsdann bewegte sich die gesamte Gesellschaft die Treppen empor, um auf dem Portal der Kirche Florian Meurers tiefsinnige Lyrik zu hören, die er in Begleitung der Fackelträger Dirk Steinert und Pascal Herder vortrug. Er erhielt besonders viel Applaus. Späterhin war es Pascal Herder, der mit einer eher ungewöhnlich hellen Vortragsstimme und seiner realitätsnahen Prosa – hier: Thema Verfolgungsjagd – die Atmosphäre aufheiterte.
Glücklicherweise blieb die Wanderung von einem Wolkenbruch verschont. Es nieselte zeitweilig nur ein wenig. Falls es nötig gewesen wäre, hätte die gesamte Gesellschaft in die Evangelische Kirche am Markt ziehen können, um dort zumindest die literarischen Lesebeiträge zu Ende zu hören. Herr Pfarrer Thomas Schorsch von der Evangelischen Gemeinde Solingen-Gräfrath hätte das den wandernden Autoren und Literaturfreunden zügig ermöglicht.
Poet, Schauspieler und Regisseur Leo Litz aus Monheim am Rhein erhielt dann auch noch spontan die Gelegenheit, ein Gedicht über die Künstliche Intelligenz vorzutragen, welches schon in der Düsseldorfer Vereinszeitschrift „Der Gießerjunge“ (Redaktion: Kay Ganahl) veröffentlicht worden ist.
Auf dem Marktplatz setzte Martina Hörle den Schlusspunkt, wo inzwischen in einer großen Schale ein Feuer entfacht wurde, um welches sich alle versammelten. Sie las eine unterhaltsame Vampirgeschichte, danach ihr äußerst beliebtes Gedicht über eine Fledermaus namens Korbinian. Aber der Abend endete damit nicht, sondern klang in einer wohligen Atmosphäre mit netten Gesprächen am Feuer langsam aus.