Solingen/ Im Rahmen des Prozesses um den Brandanschlag an der Grünewalder Straße kommt es zu einer neuerlichen Wendung: Die Staatsanwaltschaft Wuppertal hat eine Strafanzeige gegen den Wuppertaler Polizeipräsidenten Markus Röhrl sowie gegen weitere am Ermittlungsverfahrens beteiligte Polizeibeamte bestätigt. Die Anzeigen wurden bereits am letzten Freitag von Rechtsanwältin Seda Başay-Yıldız, einer Vertreterin der Nebenklage, bekannt gegeben.
Die Nebenklageanwältin wirft Röhrl und weiteren Polizisten vor, möglicherweise belastendes Beweismaterial unterdrückt zu haben. Im Zentrum der Vorwürfe stehen Fotos, die möglicherweise auf eine rechtsextreme Tatmotivation hindeuten könnten, jedoch nicht in die Ermittlungsakten aufgenommen wurden. In der Verhandlung wurden bislang unbekannte Bilder gezeigt, die unter anderem eine Ausgabe von Adolf Hitlers Buch „Mein Kampf“ sowie weiteres literarisches Material mit rechtsextremen Bezug zeigten. Diese Aufnahmen stammten aus einer Durchsuchung bei dem 40-jährigen Angeklagten, der sich derzeit unter anderem wegen des Verdachts des vierfachen Mordes vor dem Landgericht Wuppertal verantworten muss.
Die Brandstiftung ereignete sich im März 2024. Dabei kam ein türkisch-bulgarisches Ehepaar und seiner zwei kleinen Töchter ums Leben. Mehrere weitere Bewohner des Mehrfamilienhauses erlitten zum Teil schwerste Verletzungen. Die Entdeckung der Fotos während der Verhandlung hat nun Fragen aufgeworfen: Warum wurden sie nicht Teil der Ermittlungsakten? Laut Seda Başay-Yıldız müssen Röhrl und die involvierten Beamten die politische Brisanz der Aufnahmen erkannt haben. „Jemand hat diese Fotos gemacht und entschieden, sie nicht zu den Akten zu geben“, so Başay-Yıldız.
Die Staatsanwaltschaft Wuppertal hat die Ermittlungen übernommen und prüft nun, ob ein Anfangsverdacht für eine Straftat wie Urkundenunterdrückung oder Verwahrungsbruch vorliegt. „Derzeit wird bewertet, ob überhaupt ein Anfangsverdacht besteht“, erklärt Oberstaatsanwaltschaft Wolf-Tilman Baumert. Eine Entscheidung darüber, ob die Wuppertaler Staatsanwaltschaft den Fall aufgrund der möglichen Verstrickung von Beamten an eine andere Behörde abgibt, steht noch aus. Auch hier müsse zunächst ein Anfangsverdacht vorliegen.
Der Prozess rund um die Brandstiftung und die möglichen Ermittlungsfehler bleibt damit auch weiterhin von öffentlichem Interesse und könnte mögicherweise weitreichende Konsequenzen für die beteiligten Ermittler und die Wuppertaler Polizei haben.