Solingen/ Die Diskussion um die Zukunft der Gewerbeflächen in der Klingenstadt ist nach einer kontroversen Ratsdebatte neu entfacht. Im Zentrum steht die Frage: Muss die Stadt erst Platz schaffen, um Unternehmen anzulocken oder soll sie nur dann Flächen entwickeln, wenn konkrete Interessenten bereitstehen? Die Bergische Industrie- und Handelskammer (IHK) vertritt eine klare Haltung – und fordert die Stadt auf, aktiv vorzubeugen.
Wirtschaft braucht Spielraum
Für die Bergische IHK ist die Sache eindeutig: Unternehmen, die sich ansiedeln oder erweitern wollen, müssen sofort verfügbare Flächen vorfinden. „Solingen benötigt dringend weitere attraktive Gewerbeflächen für Industrieansiedlungen“, erklärt IHK-Hauptgeschäftsführer Michael Wenge gegenüber der Solinger Lokalpresse. Nur mit einem überzeugenden Flächenangebot lasse sich die wirtschaftliche Zukunft der Stadt sichern.
Tatsächlich wird die Lage langsam eng. Der Masterplan „Arbeit und Wirtschaft“ hatte bereits gewarnt, dass Solingen auf einen Engpass bei Gewerbeflächen zusteuert. Wenge warnt: „Wenn wir nicht vorsorgen, riskieren wir nicht nur, dass sich neue Unternehmen gegen Solingen entscheiden — auch bestehende Betriebe könnten abwandern.“
Ratsbeschluss sorgt für Spannungen
Vergangene Woche hatte der Stadtrat beschlossen, zunächst ausschließlich auf bereits im Flächennutzungsplan ausgewiesenen und aktuell gewerblich genutzten Arealen neue Entwicklungen zuzulassen. Die Ratsmehrheit aus SPD, Grünen und Linken setzt darauf, vorhandene Brachen wiederzubeleben und neue Flächen nur dann auszuweisen, wenn konkrete Anfragen vorliegen und das Unternehmen zum Standort passt.
Kritik kam von CDU, FDP und BfS. Sie werfen der Ratsmehrheit vor, mit diesem Kurs die wirtschaftliche Entwicklung der Stadt auszubremsen. Aus ihrer Sicht verhindert der Beschluss dringend notwendige Neuansiedlungen und ersticke die Schaffung neuer Gewerbegebiete im Keim.
Konkrete Firmeninteressen bekannt
Dabei hatte die rot-grün-rote Ratsmehrheit wiederholt betont, keineswegs generell auf neue Flächen verzichten zu wollen. In Einzelfällen — so der Plan — solle individuell geprüft werden, ob ein Unternehmen an einem bestimmten Standort sinnvoll untergebracht werden kann. In der entscheidenden Sitzung wurde auf Nachfrage der CDU sogar ein konkretes Interesse an einer Ansiedlung im Gebiet Schrodtberg bekannt.
Die CDU fordert hingegen eine deutlich offensivere Strategie: Neben der Entwicklung bestehender Gewerbeareale müsse mindestens ein neues großes Gewerbegebiet ausgewiesen werden, um die Klingenstadt als Wirtschaftsstandort langfristig attraktiv zu halten.
Industrie nicht aus dem Blick verlieren
Während in den städtischen Leitsätzen von Mischgebieten mit „nicht störendem Gewerbe“ die Rede ist, pochen IHK und Wirtschaftsförderung darauf, auch klassische Industrieunternehmen in Solingen halten und ansiedeln zu können. Die wirtschaftliche Vielfalt und die Sicherung von Arbeitsplätzen hingen maßgeblich davon ab.
Für die IHK ist klar: Gewerbeflächenpolitik muss Vorratspolitik sein. Nur wenn ausreichend Platz zur Verfügung steht, können Unternehmen schnell reagieren — und die Stadt bleibt als Standort konkurrenzfähig.