Düsseldorf/ Zum Internationalen Tag der Pflege am 12. Mai macht die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di NRW) auf die alarmierenden Zustände in der Pflegeausbildung aufmerksam. Eine Blitzumfrage unter über 100 Auszubildenden Anfang Mai belegt die hohe Arbeitsbelastung und mangelhafte Ausbildungsqualität in nordrhein-westfälischen Pflegeeinrichtungen.
55 Prozent der befragten Auszubildenden gaben an, „nie“ oder „selten“ Zeit für praktische Anleitung zu bekommen – obwohl diese ein zentraler Bestandteil der Ausbildung ist. Besonders besorgniserregend: 28 Prozent berichten, „immer“ oder „häufig“ Überstunden leisten zu müssen, obwohl das Pflegeberufegesetz dies nur ausnahmsweise zulässt.
Die Konsequenzen sind gravierend: Nur etwa die Hälfte der Befragten plant, nach der Ausbildung in Vollzeit in der Pflege zu arbeiten. 12 Prozent ziehen sogar einen Berufsausstieg direkt nach dem Abschluss in Betracht.
„Die Landesregierung tut gerne so, als sei in der Pflegeausbildung alles in Ordnung. Sie verweist auf hohe Ausbildungszahlen und wiegt die Bevölkerung in Sicherheit. Nur weil viele diesen Beruf ergreifen wollen, heißt das noch lange nicht, dass die Bedingungen zu einem erfolgreichen Abschluss führen“, kritisiert Martin Wähler, Gewerkschaftssekretär von ver.di NRW. „Uns berichten Auszubildende immer wieder von fehlender Anleitung, Überstunden und Überlastung. Wenn diese Menschen am Ende nicht im Beruf bleiben, helfen auch hohe Ausbildungszahlen nicht weiter – dann geht die Rechnung nicht auf.“
Wähler schildert konkrete Beispiele*:
Eine Auszubildende an einer Uniklinik habe berichtet, sie sei im zweiten Ausbildungsjahr gemeinsam mit einer ungelernten Hilfskraft für 30 pflegeaufwändige Patientinnen verantwortlich gewesen – ohne Erfahrung und ohne fachliche Anleitung.
Eine andere habe geschildert, in einem Altenheim-Einsatz nur notdürftig eingearbeitet worden zu sein und anschließend zwei Monate lang allein einen Wohnbereich geführt zu haben. Praxisanleitung habe es nur einmal gegeben; sie habe nicht das Gefühl gehabt, dort etwas Relevantes für ihr Examen gelernt zu haben.
Ein weiterer Auszubildender habe berichtet, sein Vertiefungseinsatz sei in einer Klinik geplant worden, die während des Einsatzzeitraums geschlossen wurde. Trotz Meldung an die Pflegeschule habe er keine Unterstützung erhalten.
ver.di fordert die Landesregierung auf, endlich für eine qualitativ hochwertige Pflegeausbildung zu sorgen. Landesfachbereichsleiterin Susanne Hille ergänzt: „Eine gute Ausbildung in der Praxis ist die Grundlage für ausreichend und qualifiziertes Personal in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen. Dafür bedarf es einer dringend verbesserten Personalausstattung, sowohl für die Ausbildung selbst als auch für den Arbeitsalltag. Damit Auszubildende nicht weiter zweckentfremdet eingesetzt, sondern ausgebildet werden. Diesen Zusammenhang muss die Politik endlich begreifen und danach handeln.“