Düsseldorf/Solingen – Mit zahlreichen schwer bewaffneten Polizisten vor dem Gerichtsgebäude im hochgesicherten sog. „Terrorbunker“ des Düsseldorfer Oberlandesgerichtes und großer öffentlicher Aufmerksamkeit begann der Prozess gegen Issa al Hasan (27), einen syrischen Asylbewerber, der für den blutigen Terroranschlag auf das „Festival der Vielfalt“ in Solingen verantwortlich gemacht wird. Die Anklage lautet auf dreifachen Mord und zehnfachen versuchten Mord.
Psychologisches Gutachten und Schuldeingeständnis im Gerichtssaal
Zum Auftakt des Prozesses verlas sein Verteidiger eine schriftliche Erklärung des Angeklagten. Darin gestand Hasan die Tat, zeigte Reue und bekannte sich zu seiner Schuld: „Ich habe schwere Schuld auf mich geladen, habe drei Menschen getötet, andere haben nur knapp überlebt. Ich werde das Urteil akzeptieren. Ich habe Unschuldige getötet, keine Ungläubigen. Juden, Christen und Muslime sind keine Feinde. Ich erwarte die lebenslange Haftstrafe.“ Auf die Frage des Richters, warum er die ganze Zeit mit gesenktem Kopf dasitze, antwortete Hasan: „Ich fühle mich schuldig, deshalb senke ich meinen Kopf.“
Gegenüber einem psychiatrischen Sachverständigen soll Hasan erklärt haben, dass er beim Anblick der fröhlichen Feiernden auf dem Fronhof von einem Gefühl der Ohnmacht über das Leid der Palästinenser übermannt worden. Wie in einem Wahn habe er zugestochen.
Geplanter Angriff im Namen des Islamischen Staates
Nach Angaben der Bundesanwaltschaft plante Hasan die Tat minutiös – im festen Glauben, er führe einen Akt des „Heiligen Krieges“ in Deutschland. Die Anklageschrift umfasst 95 Seiten. Rund 50 Zeugen und mehrere Gutachter sollen im Laufe des Prozesses gehört werden. Insgesamt sind 22 Verhandlungstage bis zum 24. September angesetzt.
Bundesanwalt Jochen Weingarten erklärte: „Der Angeklagte soll drei Menschen ermordet haben, sich extra für die Tat ein Messer beschafft haben. Er tötete die Opfer innerhalb einer Minute, verletzte in der Zeit acht weitere Opfer schwer, zum Teil lebensgefährlich.“ Der Angriff sei der zweite bekannte IS-Anschlag auf deutschem Boden seit dem Attentat am Berliner Breitscheidplatz.
Radikalisierung und Flucht nach Deutschland
Hasan war laut Ermittlungen bereits vor seiner Ankunft in Deutschland radikalisiert. Am 25. Dezember 2022 reiste er über die Türkei und Bulgarien nach Deutschland ein. Ursprünglich hätte er nach Bulgarien abgeschoben werden sollen, tauchte jedoch unter – so übernahm Deutschland schließlich seinen Asylantrag.
Seinen mutmaßlichen Hintermann, einen IS-Kontakt mit dem Kampfnamen „Abu Faruq“, traf Hasan im Internet. Dieser soll ihm geraten haben, ein „scharfes, kurzes Messer“ zu verwenden. Am Nachmittag des Tattages, dem 23. August 2024, kaufte Hasan ein Messerset für 29,99 Euro – eines der Messer nahm er mit zum Tatort.
Tatnacht: Bekennervideo, Mord und Symbolik
In der Nacht vor dem Angriff nahm Hasan in einem Solinger Imbiss ein Bekennervideo auf. Er trug zwei Geschirrtücher auf dem Kopf – stilisiert wie ein Palästinensertuch – und drohte auf Arabisch: „Bei Gott, ich werde euch zerstückeln.“ In dem Video nannte er sich „Samarkand Al-Quatani“ und kündigte Rache für die „Massaker der Kreuzzügler in Palästina“ an.
17 Stunden später, gegen 16.26 Uhr, stand er mit einem 15 Zentimeter langen Küchenmesser vor der Bühne am Fronhof – dort, wo Menschen das Fest der Vielfalt feierten. Innerhalb einer Minute stach er gezielt in die Hälse dreier Besucher (56, 56, 67) – alle starben. Acht weitere Menschen wurden schwer verletzt. Vor der Tat schickte er seinem IS-Kontakt ein Messer-Emoji und ein Foto der noch leeren Bühne.
Höchste Sicherheitsvorkehrungen und drohende Höchststrafe
Der Prozess gegen Issa al Hasan wird von hoher medialer und juristischer Aufmerksamkeit begleitet. Sollte eine Schuldfähigkeit festgestellt werden, droht ihm lebenslange Haft mit anschließender Sicherungsverwahrung. Sollte jedoch eine seelische Störung anerkannt werden, könnte die Strafe milder ausfallen – was die Bundesanwaltschaft jedoch ausdrücklich bezweifelt.
Der Fall wirft erneut Fragen zur Kontrolle radikalisierter Flüchtlinge und zur Zusammenarbeit europäischer Behörden im Asylverfahren auf – und bringt die Schrecken des islamistischen Terrors zurück in das öffentliche Bewusstsein.