Wenn Koks und Nutten auf dem Tisch tanzen
Wipperfürth/Solingen – Das Amtsgericht Wipperfürth hat den Antrag auf Erlass eines Strafbefehls gegen einen 46-jährigen Solinger abgelehnt, der ein KI-generiertes Bild von Solingens Oberbürgermeister Tim Kurzbach in sozialen Netzwerken gepostet hatte.
Das Bild zeigt den Rathauschef in Begleitung zweier leicht bekleideter Frauen, die scheinbar Kokain konsumieren. Dazu postete der 46-Jährige, dass er gespannt sei, was man noch alles erfahre aus dem Rathaus: „Koks und Nutten, die auf dem Tisch tanzen?“. Die Szene wurde von dem Beschuldigten jedoch eindeutig als fiktiv und mit Hilfe künstlicher Intelligenz erstellt gekennzeichnet. Kurzbach hatte daraufhin Strafantrag gestellt – wegen Beleidigung und Verletzung seiner Persönlichkeitsrechte.
Das Gericht jedoch sah den Sachverhalt anders: Als Person des öffentlichen Lebens müsse sich der Oberbürgermeister ein gewisses Maß an Satire, Kritik und auch Provokation gefallen lassen, liest sich die Begründung des Richters. Insgesamt überwiege das Recht der freien Meinungsäußerung aus Artikel 5 des Grundgesetzes.

Entscheidend sei gewesen, dass es sich um eine fiktive Darstellung handelte, die für den durchschnittlichen Betrachter erkennbar nicht real ist. „Die Äußerungen des Beschuldigten stellt bereits aus rechtlichen Gründen keine Beleidigung dar“, heißt es in der gerichtlichen Bewertung. Auch der Kontext des Beitrags lasse eine satirisch-kritische Auseinandersetzung mit dem öffentlichen Bild des OB erkennen.
Kurzbach selbst steht derzeit im Fokus strafrechtlicher Ermittlungen im Zusammenhang mit einer mutmaßlichen Schleuseraffäre
Brisant: In dem Verfahren wird er von den Behörden offiziell als Beschuldigter geführt. Dies dürfte nach Ansicht von Beobachtern auch in die Abwägung der richterlichen Entscheidung eingeflossen sein, da sich öffentliche Kritik an Amtsträgern in einem solchen Kontext auf ein besonders geschütztes Feld der Meinungsfreiheit bezieht.
Der beschuldigte Solinger Journalist, der inzwischen in Radevormwald lebt, äußerte sich erleichtert über die Entscheidung: „Es war nie mein Ziel, jemanden zu beleidigen. Ich wollte lediglich ein kritisches Zeichen setzen – und das auf satirische Weise.“
Der Fall wirft erneut Fragen nach dem Umgang mit KI-generierten Inhalten, künstlerischer Freiheit und dem Schutz öffentlicher Personen auf. Das Urteil ist rechtskräftig.