- Anzeige -spot_img
- Anzeige -spot_img
- Anzeige -
SolingenLand NRW gegen Halbierung der Präsenzklassen an Solinger Schulen

Land NRW gegen Halbierung der Präsenzklassen an Solinger Schulen

- Anzeige - spot_img

„Solinger Modell“ im Land NRW gescheitert

Solingen/ Am Dienstagnachmittag, 3. November, hat das Gesundheitsministerium des Landes Nordrhein-Westfalen die Klingenstadt Solingen per Erlass angewiesen, die Allgemeinverfügung zur Einführung halbierten Präsenzunterrichts an Solinger Schulen während des augenblicklichen zweiten Lockdowns nicht umzusetzen. Sie sollte ab morgen in Solingen gelten und muss nun durch die Stadt aufgehoben werden.

Über diese Weisung der vorgesetzten Behörde haben Oberbürgermeister Tim Kurzbach und Schuldezernentin Dagmar Becker heute Nachmittag die Solinger Schulen informiert und ihrem Bedauern und Unverständnis über diese Entscheidung der vorgesetzten Behörde Ausdruck gegeben.

In einer rasch anberaumten Videopressekonferenz wies Oberbürgermeister auch auf den Widerspruch hin, dass das Ministerium für Schule und Bildung zwar den „Solinger Weg“ (Halbierung des Präsenzunterrichtes zugunsten von Formen des digitalen Lernens) ablehne, aber auf seiner Homepage genau dies propagiere, nämlich die „Verknüpfung von Präsenz- und Distanzunterricht.“

https://xn--broschren-v9a.nrw/distanzunterricht/home/#!/Home

Offener Brief des Oberbürgermeisters Tim Kurzbach und der Schuldezernentin Dagmar Becker an den Sprecherrat der Solinger Schulen:

Meine sehr geehrte Damen und Herren,

heute um 15.30 Uhr hat das Gesundheitsministerium des Landes Nordrhein-Westfalen die Klingenstadt Solingen per Erlass angewiesen, die Allgemeinverfügung zur Halbierung des Präsenzunterrichtes an Solinger Schulen während des augenblicklichen zweiten Lockdowns nicht umzusetzen und sie aufzuheben.

Wir wollen Sie so schnell wie möglich darüber informieren, dass wir den von uns gemeinsam entwickelten „Solinger Weg“ nicht gehen dürfen.

Die Stadt Solingen bedauert die Weisung aus dem Gesundheitsministerium – empfohlen aus dem Schulministerium. Sie verbietet der Stadt Solingen das geplante Vorgehen. Viele Schulleitungen hatten sich bereits hierauf eingestellt.

Hier wird der Weg für innovative Lehrformate blockiert und zugleich wirksamer Infektionsschutz untersagt. Zwei wichtige Ziele werden unmöglich gemacht:

Zum einen wird trotz technischer Ausstattung und erheblicher Investitionen der Stadt innovativer Unterricht in der Pandemie nicht ermöglicht. Was mittlerweile für Betriebe, Unternehmen, Universitäten, etc. in Deutschland selbstverständlich geworden ist, darf an Schulen offenbar nicht stattfinden.

Zum anderen werden in der momentanen Hochphase der Pandemie weiterhin viele SchülerInnen durch die Schulen und Busse gelotst und ein weiteres Gefährdungsgeschehen provoziert.

Es galt den Teilpräsenzbetrieb in der Schule abzuwägen gegen das Risiko, gegebenenfalls ganze Schulklassen in Quarantäne setzen zu müssen. Diese Abwägung haben wir vorgenommen.

Leider lässt das Ministerium diese Argumente nicht gelten und weist an. Damit trägt man ab jetzt in Düsseldorf auch den entsprechenden Anteil der Verantwortung. Um dies zu unterstreichen wird die Stadt gegen die Weisung förmlich remonstrieren.

Wir sind nicht nur enttäuscht über das Vorgehen der Landesregierung, wir verstehen es auch nicht. Gestern noch hat auch das RKI den Wechselunterricht ab einer Inzidenz von 50 Infektionen auf 100.000 Einwohner in sieben Tagen empfohlen. Die Sieben-Tages-Inzidenz in Solingen beträgt heute rund 233. Als Oberbürgermeister empfinde ich angesichts dieser Zahlen eine hohe persönliche Verantwortung, effektive Maßnahmen in die Wege zu leiten, die die Infektionszahlen sinken lassen. Die Reduzierung der Zahl der Schülerinnen und Schüler war ein ganz wichtiger Punkt für uns.

Dass das Land uns die Umsetzung der Verfügung verbietet, ist nicht nachvollziehbar. Seit Monaten werden von Schulen, Eltern und Kommunen Alternativen eingefordert und vorgeschlagen, auf die es keine Reaktion gibt. Einen geregelten Distanzunterricht, der im Übrigen effektives Lernen ermöglicht, können Schulen deutlich besser organisieren als ungeplante Ausfälle durch notwendige Quarantänemaßnahmen. Allein in einer Woche Präsenzunterricht nach den Herbstferien mussten an 14 von 40 Schulen mehr als 360 Quarantänemaßnahmen ausgesprochen werden.

Unsere Vorgehensweise war eng abgestimmt mit Ihnen, den Sprecherinnen und Sprechern der Solinger Schulformen. Schulverwaltung und Schuldezernentin Dagmar Becker hatten im Gespräch und in einer intensiven Zoom-Konferenz gemeinsam mit den Schulen auf diese Lösung hingearbeitet. Wir haben in den letzten Wochen nicht nur mit allen Schulformen gesprochen. Wenn Sie so wollen, hat es einen virtuellen runden Tisch der Schulen und der Schulverwaltung zum Thema Distanzlernen in Solingen gegeben.

Wir wussten uns nicht nur einig mit Ihnen über den Solinger Weg, wir haben geradezu Rückenwind verspürt. Aus den Schulen, aus der Lehrerschaft, von Eltern, von Gewerkschaften und auch von Schülerinnen und Schülern haben wir Zustimmung bekommen. Das ist jetzt einfach so mit einem Federstrich aus Düsseldorf weggewischt geworden.

Gerade von besorgten Eltern erhalten Oberbürgermeister und Schuldezernentin eine Menge Post zum Thema Unterrichtsgestaltung. Diese Besorgnisse, die ja auch von vielen Schulleitungen, Lehrerinnen und Lehrern geteilt werden, wollten wir aufgreifen.

Denn wir sind überzeugt – und da kann ich wohl auch für Sie, die Solinger Schulleitungen, sprechen – dass unsere Schulen das Experiment des Distanzlernens und des digital unterstützen Unterrichts hinbekommen hätten. Die Solinger Schulen sind fit für die digitale Zukunft. Das ist dem Land doch auch bekannt.

Wer wüsste denn besser als Schulministerin Gebauer, die uns noch im Sommer einen Drei-Millionen-Euro-Förderbescheid für die Digitalisierung der Solinger Schulen überreicht hat, wie hervorragend Ihre Schulen inzwischen für die Digitalisierung aufgestellt sind.

Wir haben die Schulen mit breitbandigen Internetzugängen ausgestattet, mit einer zeitgemäßen Netzverkabelung und mit Endgeräten, zuletzt noch mit Leihtablets für spezielle Gruppen von Schülerinnen und Schülern. Die Corona-Pandemie hat wie ein Beschleuniger für das Thema „Digitale Schule“ gewirkt. Seit März haben Sie sehr individuelle Konzepte für digitalen und andere Formen des Distanzunterrichts entwickelt. Wir hatten den Eindruck, dass Sie sehr gespannt darauf sind, endlich Ihre innovativen Ideen und Ihre Leistungsfähigkeit in der Krise bewähren und unter Beweis stellen zu können. Wir glauben, die Schulen in Nordrhein-Westfalen sind schon weiter als das Schulministerium.

Eins ist uns auch noch wichtig: Die Allgemeinverfügung der Stadt Solingen entsprach den gesetzlichen Rahmenbedingungen.Die Stadt hat in eigener Zuständigkeit als örtliche Gesundheitsbehörde gehandelt. In § 16 CoronaSchVO und §5 Coronabetreuungs¬verordnung ist ausdrücklich die eigene Regelungskompetenz der örtlichen Gesundheitsbehörden festgestellt, wir dürfen nur keine gegenteiligen Verfügungen zum Land erlassen.

Auch wenn das Land jetzt von seiner Weisungskompetenz Gebrauch macht, hat die Stadt hat dennoch korrekt und verantwortungsbewusst gehandelt. Tatsächlich hat die Stadt eine Maßnahme nach § 28 des Infektionsschutzgesetzes beschlossen, die von der vorgesetzten Behörde, in diesem Fall dem Gesundheitsministerium, anders bewertet und aufgehoben wurde.

Zum Schluss: Wir geben die Hoffnung nicht auf, dass das Land sich zu guter Letzt doch noch eines Besseren besinnt. Vielleicht erlebt die Solinger Allgemeinverfügung, die heute beerdigt worden ist, ja eine Wiederauferstehung als landesweite Verordnung für alle nordrheinwestfälischen Schulen. Die Unterstützung des Oberbürgermeisters, des Rates und sicherlich auch die Ihre wären der Landesregierung gewiss.

Bleiben Sie gesund und zuversichtlich!

Mit den besten Grüßen

gez.

Ihr
Tim Kurzbach, Oberbürgermeister

Dagmar Becker, Schuldezernentin

- Anzeige - spot_img
- Anzeige -spot_img
- Anzeige -spot_img
- Anzeige -spot_img

Weitere Nachrichten

- Anzeige -