Bergisches Land/ Am heutigen Sonntagnachmittag ist es soweit. Der Bergische HC bestreitet gegen den TuS N-Lübbecke sein letztes Spiel der Saison 2021/22 und beendet damit eine Ära. Trainer Sebastian Hinze verlässt den BHC in Richtung der Rhein-Neckar Löwen, außerdem gehen neun Spieler, die die vergangenen Jahre zu einem großen Teil mitgeprägt haben. Das finale Match vor dem Umbruch im Sommer verspricht daher besonders emotional zu werden. Anwurf in der Solinger Klingenhalle ist um 15.30 Uhr.
Die Stimmung vor dem Saisonfinale ist nach dem unerwarteten 24:21-Sieg bei der SG Flensburg-
Handewitt natürlich phänomenal. „Es war ein toller Auftritt von uns – unabhängig davon, dass Jim Gottfridsson gefehlt hat. Wir haben sehr gut gedeckt und fast keine Konter zugelassen. Dieser Sieg ist extrem hoch einzuordnen“, sagt Hinze. Als entscheidende Faktoren nennt der Coach zudem die sehr starke Torhüter-Leistung zum Auftakt und die Tatsache, dass die Löwen mit dem siebten Feldspieler Dinge ausprobiert haben, auf die sich die Flensburger nicht hatten vorbereiten können. „Gefreut habe ich mich auch darüber, dass zum Beispiel Alexander Weck weiterhin seine Aufgaben erfüllt hat, obwohl seine Wurfquote an dem Abend nicht gut war.“ All dies zusammen führte zu einem der bemerkenswertesten Saisonsiege, der für Sonntag den entscheidenden Push in Richtung des elften Tabellenplatzes gebracht haben könnte.
Diese Position können die Bergischen mit einem Erfolg über den TuS N-Lübbecke aus eigener Kraft erreichen. „Ich fände es schön, die Rückrunde mit einem positiven Punktekonto abzuschließen“, sagt Hinze. 16:16-Zähler haben die Löwen aktuell auf dem Konto. Bis auf Rang sechs der Rückrunden-Tabelle könnte die Mannschaft noch vorrücken. „Das wäre ein toller Abschluss – gerade nach unserem November und Dezember“, meint der Coach.
Zu Gast in der Klingenhalle ist der bereits als Absteiger feststehende TuS N-Lübbecke, der gleichzeitig Rückrunden-Schlusslicht ist. Zuletzt allerdings feierte die Mannschaft zwei Siege in Serie und dürfte daher auf einer kleinen Euphoriewelle anreisen. „Wir rechnen mit einer hohen Präsenz in der Abwehr und einem disziplinierten Angriff. Prägend sind Benas Petreikis und Florian Baumgärtner.“
Egal, wie die Partie auch endet, wird das Sportliche nach dem Schlusspfiff voraussichtlich schnell in den Hintergrund geraten. Neben Sebastian Hinze werden neun Spieler verabschiedet. Der BHC erlebt damit einen Einschnitt, der – wenn überhaupt – mit dem von 2017 vergleichbar ist. „Es würde mich überraschen, wenn ich emotional werden würde“, sagt Hinze, der einräumt, dass es eine besondere Situation ist, sich bisher aber noch nicht damit beschäftigt hat. „Das Bergische Land wird immer Heimat bleiben. Daran wird auch der Abschied vom Verein nichts ändern. Ich gehe mit einem Lächeln und werde immer ein Lächeln im Gesicht haben, wenn ich mich an die Jahre beim BHC erinnere.“
Die Abschiede
Sebastian Hinze (Seit BHC-Gründung im Verein, Cheftrainer seit 2012): Zehn Jahre trug der
heute 43-Jährige die sportliche Verantwortung für das Profi-Team. Unter seiner Leitung schaffte
der BHC 2013 den Wiederaufstieg in die Bundesliga und drei Klassenerhalte in Serie. Dem
hauchdünnen Abstieg 2017 folgte die erfolgreiche Phase der Mannschaft, die im Kern bis jetzt so
zusammengespielt hat. 2018 stieg die Truppe mit 70:6-Punkten erneut ins Oberhaus auf und hat
sich dort längst erfolgreich etabliert. Dem sensationellen siebten Rang 2019 folgten Platz 13, 12
und nun möglicherweise 11.
Maciej Majdzinski (seit 2016): Im Januar 2016 wechselte der damals 19-Jährige vom
insolventen HSV Handball an die Wupper. Der polnische Linkshänder brachte gewaltiges Talent
bei einer unheimlichen Dynamik mit. Wenn er fit war, entwickelte er sich rasant und konnte Spiele
sogar entscheiden. Majdzinski allerdings ist vom Pech verfolgt. Drei Kreuzbandrisse zog er sich
im Laufe der Jahre beim BHC zu. Hatten ihn die ersten beiden „nur“ jeweils ein Jahr außer
Gefecht gesetzt, kehrte er nach dem letzten bei der WM 2021 nie wieder in die Bundesliga
zurück.
Max Darj (seit 2017): Als Abwehrspezialist kam der Kreisläufer aus der schwedischen Liga und
wurde im Innenblock schnell auch einer der Leistungsträger beim BHC. Darj wurde von Saison zu
Saison besser, machte nach dem Aufstieg in der Bundesliga auf sich aufmerksam und ist
inzwischen auch offensiv sehr gefährlich. 428 Tore markierte er inklusive Pokal für die
Bergischen. Der 30-Jährige wechselt zu den Füchsen Berlin.
Jeffrey Boomhouwer (seit 2018): Von der MT Melsungen kam der Linksaußen zu den Löwen.
Der einstige zweite Mann war beim BHC in vielen Phasen seiner vier Saisons erste Wahl auf der
Position. Inklusive DHB-Pokal erzielte der Niederländer 449 Tore für den BHC. Er geht – schweren
Herzens – zurück in seine Heimat nach Aalsmeer, wo er beim niederländischen Meister aktiv sein
wird.
Tomas Mrkva (seit 2019): Der Tscheche kam von HBW Balingen-Weilstetten und bildete bei den
Löwen von Anfang an ein erfolgreiches Torhüter-Gespann mit Christopher Rudeck. Auf seiner
Position avancierte der Sportler häufiger zum Helden des Tages, doch vor allem wurde seine
Fangquote mit jedem Jahr stabiler. Aktuell steht er laut offizieller HBL-Statistik bei etwa 28,5
Prozent. Mrkva erhielt ein Angebot vom THW Kiel, das er angenommen hat, so dass er in der
kommenden Saison in der Champions League zu sehen sein wird.
Sebastian Damm (seit 2019): Von Zweitligist VfL Lübeck-Schwartau wechselte der Linksaußen
in die Bundesliga. Während seiner drei Jahre bei den Löwen konnte sich der 26-Jährige zwar
nicht mehr Einsatzzeiten als Positionskollege Jeffrey Boomhouwer erarbeiten, doch
zwischendurch zeigte auch er starke Spiele. 76 Treffer stehen im Löwen-Trikot zu Buche.
David Schmidt (seit 2020): Vom TVB Stuttgart geholt, war David Schmidt ein Spieler für die
entscheidenden Situationen. Der Rückraum-Linkshänder übernimmt die Verantwortung und lässt
sich auch durch Misserfolge selten aus dem Konzept bringen. So war er es in dieser Saison, der
den entscheidenden Treffer zum 25:25 gegen die Rhein-Neckar Löwen markierte. David Schmidt
wechselt zu Bundesliga-Konkurrent Frisch Auf Göppingen.
Emil Hansson (seit 2021): Weil Yannick Fraatz die erste Saisonhälfte noch verletzt ausfiel,
sicherten sich die Löwen für ein Jahr die Dienste von Emil Hansson. Der Schwede bekam seine
Chance in der Bundesliga und war stets da, wenn er gebraucht wurde. Seine statistisch beste
Partie bestritt der Rechtsaußen in Magdeburg, wo er sechs seiner 16 Saisontreffer erzielte.
Joonas Klama und Jonas Leppich (erweiterter Kader): Joonas Klama kam 2019 als dritter
Torhüter der Löwen, erhielt jedoch nur sehr wenige Einsätze bei den Profis – was auch daran lag,
dass die ersten beiden BHC-Torhüter überwiegend fit blieben. Kreisläufer Jonas Leppich trainierte
bei den Profis mit, spielte allerdings überwiegend in der Oberliga-Reserve, mit der er in dieser
Saison den Aufstieg in die Regionalliga schaffte. Er wechselt zu Drittligist TuS 82 Opladen, Klama
geht zu LiT 1912 in Minden.