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SolingenDas erste "Goldene Buch der Stadt Solingen" zurück in der Klingenstadt

Das erste „Goldene Buch der Stadt Solingen“ zurück in der Klingenstadt

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Solingen/ 1933 nahm die Idee für ein „Goldenes Buch“ der jungen Großstadt Solingen Gestalt an. Die Fertigstellung eines repräsentativen Bandes dauerte aber bis Februar 1939. Nach dem Kriegsende und dem Einmarsch US-amerikanischer Truppen 1945 verschwand das „Goldene Buch“ aus dem Keller des Rathauses und galt seitdem als verschollen.

2012: In einem Katalog von Militaria und NS-Devotionalien eines süddeutschen Auktionshauses wird das „Goldene Buch“ für 8.500 € angeboten. Damals gelang es dem Stadtarchiv Solingen zwar nicht, es in städtischen Besitz zurückzuführen. Aber mit der Aufnahme in die „Lost Art Datenbank“, die auch das sogenannte Beutegut des Zweiten Weltkrieges nachweist, machte die Stadt Solingen ihren Anspruch am „Golden Buch“ rechtverbindlich geltend. Der potentielle Verkäufer aus den USA nahm daraufhin seinen Auftrag zurück, das „Goldene Buch“ blieb aber weiterhin für Solingen unerreichbar. In den USA wechselte der Band nun den Besitzer. James Brown, ein rühriger Solingen-Sammler, erwarb das „Goldene Buch“ und signalisierte seine Bereitschaft, das Exemplar an die Klingenstadt zu übergeben.

Foto: Stadt Solingen

Die Corona-Pandemie machte dies zunächst unmöglich. Aber in diesem Sommer konnte James Brown bei einem Besuch in Solingen das „Goldene Buch“ aus der NS-Zeit Ralf Rogge, dem Leiter des Stadtarchivs, überreichen. Wir bedanken uns ausdrücklich für das große Entgegenkommen von James Brown. Als Gegenleistung erhält der Sammler digitale Kopien von Dokumenten aus dem Solinger Stadtarchiv.

Die Idee für ein „Goldenes Buch“ der jungen Großstadt Solingen hatte der nationalsozialistische Oberbürgermeister Dr. Dr. Helmut Otto schon Monate nach der NS-Machtübernahme 1933.

Der erste Eintrag ins Buch erfolgte, als es den Band noch gar nicht gab, auf einem losen Blatt. „Zum Gedenken an den Besuch des Herrn Reichsbankpräsidenten Dr. Hjalmar Schacht in der alten Klingenstadt Solingen im Siegesjahre der nationalsozialistischen Bewegung 1933“ unterschrieben Schacht und viele Mitglieder seiner Entourage am 24. Nov. 1933.

Bis Oktober 1934 folgten vier weitere Eintragungen auf losen Blättern, u.a. von Gauleiter Robert Ley und dem Reichssportführer von Tschammer-Osten.

Dann geriet das „Goldene Buch“ anscheinend ein wenig in Vergessenheit, denn in den nächsten vier Jahren gab es keinen weiteren Zuwachs, obwohl es sicherlich eine Reihe von Anlässen für Eintragungen gegeben hätte. Oder es war der Stadtspitze peinlich, den Ehrengästen der Stadt lose Blätter und kein wirkliches „Goldenes Buch“ vorlegen zu können?

Erst Ende 1936 erhielt die Fachschule Solingen den offiziellen Auftrag der Stadtspitze, das Provisorium der losen Blätter zu beenden und nun tatsächlich ein repräsentatives „Goldenes Buch“ zu schaffen. Die Anfertigung dauerte mehr als zwei Jahre. Die Fachschule scheint dem „Goldenen Buch“ aber nicht die Bedeutung geschenkt zu haben, wie sich die Stadtspitze dies wünschte. Erst auf deren massiven Druck wurde der Band zum 565. Stadtjubiläum am 23. Feb. 1939 fertiggestellt, damit Bürgermeister, Beigeordnete. NSDAP-Kreisleiter und Ratsherren sich darin verewigen konnten.

Es handelt sich bei dem „Goldenen Buch“ um 160 Pergamentblätter, eingebunden in Schweinspergament. Die Worte „Soli Deo Gloria“ (Gott allein die Ehre)  – der Spruch des Solinger Stadtwappens, wie er auch auf vielen Schwert- und Degenklingen Solinger Herkunft zu finden ist -, schmücken den Rücken des Einbandes. Den Blickfang des Buchdeckels bildet das Stadtwappen, das in Silber geschnitten und in den Farben der Stadt emailliert war. Das Wappen wird durch einen Teller aus rostfreiem Stahl gehalten, dessen einzige Zier eine am Rande verlaufende, in Gold tauschierte Linie bildet. Der Teller mit dem Wappen ist vertieft in den Buchdeckel eingelassen. Zwei schwere Bänder aus rostfreiem Stahl mit Verschlüssen, verziert mit vergoldeten Hakenkreuzen, halten das gewichtige Buch zusammen. Die Bänder tragen die Aufschrift: „Goldenes Buch“/“Stadt Solingen“, ausgeführt in einer kostbaren Solinger Technik, der Goldtausia.

Foto: Stadt Solingen

Im Inneren zeigt das Buch auf der ersten Seite das große Stadtwappen, bestehend aus dem kleinen Wappen, das von zwei schwarzen, rotbewehrten Wölfen, den Solinger Wappentieren, gehalten wird. Der Innentitel ist in der Art der alten Buchmalereien gehalten; eine farbige Initiale steht als besonderer Schmuck dem Schriftblock voran, der sich aus erhöhten, handvergoldeten gotischen Buchstaben zusammensetzt. Auf der folgenden Seite befindet sich ein Vorwort.

Der Gesamtentwurf und die graphische Gestaltung stammen von Willy Schwickerath; die Buchbindearbeiten vollführte Heinrich Odenthal, Max Lessenich fertigte die Stahlbänder und Verschlüsse. Den Wappenschnitt und die Emaillierung führte Paul Voß aus, die Goldtausia der Stahlbänder bearbeitete Ernst Gämlich. Allesamt waren dies Solinger Kunsthandwerker, die fachliche und künstlerische Beratung des Projektes übernahm Prof. Paul Woenne von der Solinger Fachschule für die Stahlwarenindustrie.

Das kunsthandwerklich außerordentlich hochwertige Spitzenerzeugnis der Buchbinderkunst spiegelt, wie es im Auktionskatalog von 2012 zutreffend aber auch verharmlosend heißt, „den Zeitgeist dieser Epoche in exemplarischer Weise wider.“ Das „Goldene Buch der Stadt Solingen“ ist ein typisches Produkt des schwülstigen NS-Kunstverständnisses, auch wenn die vergleichsweise kleinen und dezent angebrachten Hakenkreuze dabei überraschen.

Bis zum Beginn des Zweiten Weltkrieges erhielt das „Golden Buch“ drei weitere Einträge. U.a. wurde Rudolf Hartkopf, der Dichter des Bergischen Heimatlieds, anlässlich seines 80. Geburtstags auf diese Weise geehrt.

Während des Krieges sind die Eintragungen immer seltener und nur noch provisorisch vorgenommen worden. Es finden sich nur noch die Unterschriften der zu Ehrenden – ohne weitere Erläuterungen. Diese sollten vermutlich nach Ende des Krieges hinzugefügt werden. Der letzte Eintrag erfolgte dann 1943 durch Ritterkreuzträger. Insgesamt sind 13 der 160 Seiten mit Einträgen versehen.

Am auffälligsten ist die Diskrepanz von der aufwendigen kunsthandwerklichen Gestaltung und dem dürftigen Inhalt der Einträge. Dabei irritiert weniger der provisorische Charakter der Eintragungen während des Zweiten Weltkrieges als die nicht erfolgte Nutzung des „Goldenen Buches“ in den Jahren 1935 bis 1938.

Über die erfolgreiche Rückführung des „Goldenen Buchs der Stadt“ aus der NS-Zeit freut sich das Stadtarchiv trotzdem sehr. Als wichtiges Zeugnis der Selbstdarstellung der kommunalen Repräsentanten des NS-Regimes bereichert es die Bestände des Stadtarchivs und die Überlieferung zur Geschichte der Klingenstadt. Eine besondere und herausgehobene Präsentation des „Goldenen Buchs“ ist aber selbstredend nicht vorgesehen.

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