Bericht von Superintendentin Dr. Ilka Werner auf der Herbstsynode des Evangelischen Kirchenkreises Solingen
Solingen/ Um Solidarität der evangelischen Gemeinden für Israel warb Superintendentin Dr. Ilka Werner bei der Synode des Evangelischen Kirchenkreises Solingen in ihrem jährlichen Bericht. Angesichts des Terrorangriffs der Hamas auf Israel und des daraus entstandenen Krieges betonte sie: „Als Christenmenschen sollen wir für Israel einstehen.“ Es sei unerträglich, dass nach der Shoah trotz aller Bekräftigungen des „Nie wieder!“ der Antisemitismus immer mehr zunehme. Ausdrücklich verwies sie auf die Kirchenverfassung der Evangelischen Kirche im Rheinland, die auch für die Solinger Gemeinden grundlegend ist. Sie zitierte: „Die evangelische Kirche im Rheinland bezeugt die Treue Gottes, der an der Erwählung seines Volkes Israel festhält. Mit Israel hofft sie auf einen neuen Himmel und eine neue Erde.“
Angesichts zahlreicher gescheiterter Lösungsversuche in dem jahrzehntealten Konflikt mahnte die Theologin, sowohl demütig zu sein und jede Besserwisserei zu vermeiden als auch unmissverständlich Position zu beziehen, wo es nötig ist: „Als Christenmenschen ist es unsere Aufgabe, für Menschlichkeit auf allen Seiten einzutreten und entschieden gegen jeden Antisemitismus.“
Auch auf Herausforderungen in NRW ging die leitende Theologin des Solinger Kirchenkreises in ihrem Jahresbericht ein. Als „richtig bitter“ beschrieb sie die Lage für das Diakonische Werk, falls das Land nicht bereit sei, mehr zu tun, um die Wohlfahrtsverbände angesichts der durch hohe Tarifabschlüsse gestiegenen Personalkosten stärker zu entlasten: „Dann werden wir Angebote abbauen müssen, obwohl unsere Mitarbeitenden sehr gute Arbeit leisten.“ Die vom Land NRW den Wohlfahrtsverbänden zugesagten Mittel für die soziale Arbeit etwa in Kitas oder Beratungsstellen reichen angesichts der jüngsten Tarifabschlüsse nicht aus. Seit Wochen demonstrieren die Wohlfahrtsverbände für höhere Zuweisungen, um die Streichung von Angeboten und Einrichtungen zu vermeiden. Noch hoffe sie, so Werner, „dass das Land ein Einsehen hat“. Besonders schwierig sei die Situation auch deshalb, weil der Kirchenkreis seine Zuschüsse aus Kirchensteuermittel nicht weiter erhöhen könne, da auch diese Steuereinnahmen immer weiter zurückgingen.
Positive Nachrichten konnte Superintendentin Werner aber auch verkünden. So sei das Schutzkonzept gegen sexualisierte Gewalt auf einem guten Weg. Seit einigen Jahren müssen sich alle haupt- und ehrenamtlich Mitarbeiter und die Leitungsgremien in Gemeinden und Kirchenkreis zu dem Thema schulen lassen. Dieser Aufwand beginne, sich zu bewähren, so die Theologin: „Der von uns angestrebte Kulturwandel hin zu einer Kultur des Hinsehens greift.“
Superintendentin Ilka Werner hielt ihren Bericht am Freitagabend im Rahmen der Herbsttagung der Synode des Evangelischen Kirchenkreises Solingen in der Stadtkirche Mitte, Kirchplatz 14. Die Synode begann um 18.00 Uhr mit einem Gottesdienst und anschließenden Beratungen. Sie wurde am Samstagvormittag fortgesetzt.
Die wegweisenden Entscheidungen für die kommenden Jahre werden nachfolgend dargestellt:
Die zehn Gemeinden im Evangelischen Kirchenkreis Solingen werden zukünftig viel enger zusammenarbeiten. Gleichzeitig werden die Aufgabenfelder Kirchenmusik und Arbeit mit Kindern und Jugendlich zukünftig vom Kirchenkreis aus organisiert. Das verabredeten heute ohne Gegenstimme im Rahmen des Zukunftsprozesses „Klingenkirche 2030“ die rund 70 Vertreterinnen und Vertreter von Gemeinden und kreiskirchlichen Arbeitsgebieten auf ihrer Herbstsynode. So sollen bereits im kommenden Jahr drei Regionen gebildet werden: eine Region West mit den Gemeinden Merscheid, Ohligs und St. Reinoldi Rupelrath, eine Region Nord mit Gräfrath, Ketzberg und Wald sowie eine Region Mitte mit Dorp, Lutherkirchengemeinde, Stadtkirchengemeinde und Widdert. Innerhalb der Regionen sollen die Gemeinden auch weiterhin selbständig bleiben. Allerdings werden Pfarrer nicht mehr wie bisher nur für einzelne Gemeinden, sondern im Team für die ganze Region arbeiten. Dabei soll in jeder der zehn Gemeinden mindestens ein fester Pfarrer ansprechbar sein für Taufen, Trauungen, Beerdigungen und seelsorgliche Anliegen. Dadurch können die knapp 40.000 Evangelischen in der Klingenstadt auch zukünftig wissen, wer „ihr“ Pfarrer oder „ihre“ Pfarrerin ist. Gleichzeitig sollen Pfarrer aber zukünftig auch weitere Aufgaben und Projekte in der ganzen Region übernehmen.
Unterschiedliche musikalische Profile
Die haupt- und nebenamtlichen Mitarbeiter für Kirchenmusik und für die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen werden zukünftig beim Kirchenkreis angestellt. Für die Kirchenmusik wird es ab 2026 noch drei hauptamtliche Vollzeit-Stellen geben mit unterschiedlichen Profilen: Orgelmusik, Chormusik und geistliche Popmusik. Die dann drei Hauptamtlichen sollen zwar in jeweils einer der drei Regionen eingesetzt werden und in einer Gemeinde zu Hause sein. Ihre Angebote werden aber viel stärker als gegenwärtig nicht nur einer Gemeinde zugutekommen. Die Planung von Konzerten und Veranstaltungen wird zukünftig für den ganzen Kirchenkreis erfolgen. Ergänzt werden die drei Hauptamtlichen durch zahlreiche nebenamtliche Kräfte, die in den Gemeinden insbesondere die musikalische Gestaltung der Gottesdienste übernehmen. Hauptamtliche und nebenamtliche Kirchenmusikerinnen und Kirchenmusiker arbeiten außerdem für Konzerte und Gottesdienste mit vielen Ehrenamtlichen in Chören, Bands und Ensembles zusammen.
4,5 Stellen für die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen
Für die evangelische Arbeit mit Kindern und Jugendlichen sieht das heute beschlossene Konzept ab 2030 noch 4,5 Stellen im Kirchenkreis vor. Auch diese Mitarbeiter werden beim Kirchenkreis angestellt. Jeweils eine halbe Stelle ist für die Arbeit mit Kindern in Gräfrath und Ketzberg, in Wald sowie in Dorp und der Stadtkirchengemeinde geplant. Zu den Aufgaben werden Kindergruppen, Kinderbibeltage, Kinderfreizeiten sowie die Begleitung Ehrenamtlicher gehören. Ebenfalls je eine halbe Stelle soll in Dorp, in der Lutherkirchengemeinde, in Wald und in Rupelrath eingesetzt werden. So sollen Jugendcafés begleitet, Freizeiten organisiert, Jugendgottesdienste gestaltet und übergemeindliche Projekte entwickelt werden. Eine weitere Stelle ist für das Jugendreferat vorgesehen, um die Arbeit im Kirchenkreis zu koordinieren, die anderen Hauptamtlichen fachlich zu begleiten, kirchenkreisweite Projekte der Jugendarbeit zu organisieren und den Kontakt zu anderen Jugendverbänden und Jugendgremien der Stadt zu pflegen.
Historische Entscheidung
Alle Stellen in Pfarrdienst, Kirchenmusik und Jugendarbeit werden zukünftig beim Kirchenkreis angesiedelt und von den Gemeinden per Umlage anteilig nach Gemeindegliederzahl finanziert. Hoch erfreut zeigte sich Superintendentin Dr. Ilka Werner über die einstimmige Zustimmung bei der Synode: „Für die Evangelische Kirche in Solingen bedeuten die Entscheidungen einen wichtigen Paradigmenwechsel. Die Synode hat sich getraut, angesichts der großen Herausforderungen in der Zukunft einen großen Schritt zu gehen: hin zu einer gemeinsamen Verantwortung für eine vielfältige Arbeit in unseren evangelischen Gemeinden. Das ist historisch und darauf bin ich richtig stolz.“ In der Vergangenheit waren die Gemeinden häufig darauf bedacht, möglichst unabhängig über ihre Arbeit und ihr Personal zu bestimmen. Werner: „Nun werden wir die Konzepte mit Leben füllen.“
Weniger Geld und weniger Personal
Der Prozess „Klingenkirche 2030“ ist nötig, da die Evangelische Kirche in Solingen absehbar kleiner werden wird. So rechnet der Kirchenkreis für 2030 nur noch mit zwölf anstelle der gegenwärtig 19 Pfarrstellen und zwei Dritteln der bisherigen Finanzkraft. Im März 2021 hatte die Synode in einer Grundsatzentscheidung beschlossen, darauf nicht mit Fusionen zu wenigen Großgemeinden zu reagieren, sondern mit einer verbindlicheren Zusammenarbeit der bestehenden Gemeinden auf der Ebene des Kirchenkreises. Gestartet wurde der Zukunftsprozess 2017.
Schnellere Entscheidungswege im Diakonischen Werk
In einem weiteren Tagesordnungspunkt beschloss die Synode eine neue Satzung für das Diakonische Werk. Darin wird ihm eine größere Eigenständigkeit eingeräumt, um flexibler und kurzfristiger auf Entwicklungen zu reagieren. Vor der Abstimmung hatte Diakoniegeschäftsführerin Ulrike Kilp betont, dass das Sozialunternehmen mit rund 250 Mitarbeitern und knapp 14 Millionen Euro Jahresumsatz andere Controllingwerkzeuge und schnellere Entscheidungswege brauche als eine Kirchengemeinde.
Defizitärer Haushalt
Ebenfalls verabschiedet wurde der Haushalt für das Jahr 2024. Insgesamt rechnet die Synode für den Kirchenkreis und die zehn Gemeinden mit einer Kirchensteuereinnahme in Höhe von 13 Mio. Euro (2022: 14,6 Mio. Euro. Das Kirchensteuerergebnis für 2023 steht noch nicht fest.). Davon sind 1,03 Mio. für die Aufgaben des Kirchenkreises und seines Diakonischen Werks geplant. Die restlichen knapp 12 Mio. Euro sollen die zehn Gemeinden erhalten. Bei seinen Ausgaben plant der Kirchenkreis mit einem erheblichen Defizit, das vor allem im Rückgang der Kirchensteuern und in den hohen Tarifsteigerungen begründet ist. Man wolle kurzfristig über Maßnahmen ins Gespräch kommen, um das entstandene strukturelle Defizit zu verringern, kündigte Rainald Rasemann vom Kreissynodalvorstand an. Auch das Einwerben von Spenden für Arbeitsbereiche, die allen Solingerinnen und Solingern zugutekommen, soll geprüft werden.
Solidarität mit Israel
Bereits am Freitag warb Superintendentin Ilka Werner in ihrem Jahresbericht um Solidarität für Israel: „Als Christenmenschen sollen wir für Israel einstehen.“ Es sei unerträglich, dass nach der Shoah trotz aller Bekräftigungen des „Nie wieder!“ der Antisemitismus immer mehr zunehme. Angesichts des schon lange schwelenden Nahost-Konflikts mahnte die Theologin, sowohl demütig zu sein und jede Besserwisserei zu vermeiden als auch unmissverständlich Position zu beziehen, wo es nötig ist: „Als Christenmenschen ist es unsere Aufgabe, für Menschlichkeit auf allen Seiten einzutreten. Und entschieden gegen jeden Antisemitismus!“
NRW lässt Sozialverbände im Stich
Auch auf Herausforderungen in NRW ging die leitende Theologin des Solinger Kirchenkreises in ihrem Jahresbericht ein. Als „richtig bitter“ beschrieb sie die Lage für das Diakonische Werk, falls das Land nicht bereit sei, mehr zu tun, um die Wohlfahrtsverbände angesichts der durch hohe Tarifabschlüsse gestiegenen Personalkosten stärker zu entlasten: „Dann werden wir Angebote abbauen müssen, obwohl unsere Mitarbeitenden sehr gute Arbeit leisten.“ Noch hoffe sie aber, so Werner, „dass das Land ein Einsehen hat“.
INFO
Stichwort: Kreissynode
Die Kreissynode ist das Parlament der zehn evangelischen Gemeinden und der Arbeitsgebiete, die zum Evangelischen Kirchenkreis Solingen gehören. Sie umfasst 70 stimmberechtigte Mitglieder (Synodale). 24 Synodale sind Pfarrer, hinzu kommen 15 berufene Fachvertreter sowie die Abgesandten der Gemeinden und Ausschüsse. Die Synode trifft sich in der Regel zweimal im Jahr und tagt öffentlich.