Der Kauf von 2.500 Eintrittskarten für das Walder Open Air 2022 durch das Rathaus hatte nach einer Strafanzeige gegen Oberbürgermeister Tim Kurzbach eine Prüfung der Staatsanwaltschaft Wuppertal wegen des möglichen Verdachtes der Haushaltsuntreue (§266 StGB) nach sich gezogen – Oberstaatsanwalt Wolf-Tilmann Baumert sieht in einer schriftlichen Stellungnahme (liegt unserer Redaktion vor) den Kauf der Eintrittskarten zur Zeit der damaligen vorläufigen Haushaltsführung zwar als „bedenklich“ an – Eine strafrechtliche Verfehlung sei allerdings nicht feststellbar
Solingen/ Im Rahmen der Veranstaltungen des „Sommer Open Air Festivals 2022“ im Walder Stadion hatte Oberbürgermeister Tim Kurzbach (SPD) trotz vorläufiger Haushaltsführung 2.500 Eintrittskarten im Wert von allein 87.500 Euro erworben. Diese Eintrittskarten sollten als Dankeschön an die Helferinnen und Helfer der Flutkatastrophe 2021 ausgegeben werden. Von den erworbenen Eintrittskarten sind nach einer damaligen Stellungnahme der Stadt Solingen zahlreiche Karten ungenutzt geblieben. Sie hatten somit zu einer erheblichen Kostenposition ohne Gegenwert geführt.
Oberbürgermeister Tim Kurzbach hatte nach Bekanntwerden der ersten Bedenken und Kritik aus dem politischen Lager einen Prüfauftrag des Sachverhaltes an den Revisionsdienstes der Stadt Solingen erteilt. Der interne Revisionsdienst der Stadt Solingen kam jetzt nach eingehender Prüfung zu dem Ergebnis, dass kein Fehlverhalten des Oberbürgermeisters und der Stadtverwaltung vorliegt.
Oberstaatsanwalt Baumert von der zuständigen Staatsanwaltschaft in Wuppertal hat den Sachverhalt aufgrund der vorliegenden Strafanzeige eingehend geprüft.
Das Ergebnis der Prüfung der Staatsanwaltschaft Wuppertal (liegt unserer Redaktion vor) zitieren wir hier in Auszügen im Original:
„… Der geschilderte Sachverhalt fällt unter keine strafrechtliche Vorschrift. In Betracht kam in erster Linie der Tatbestand der Untreue in Form der sogenannten „Haushaltsuntreue“. Für eine Annahme des Tatbestandes reicht es nach der obergerichtlichen Rechtsprechung nicht aus, wenn ein Fall der sogenannten „Misswirtschaft“ oder „Verschwendung“ von Haushaltsmitteln vorliegt. Ebenso reicht eine bloße Missachtung haushaltsrechtlicher Vorschriften für eine Annahme des Tatbestands grundsätzlich nicht aus (vgl. Fischer; StGB; 69. Aufl.; § 266 Rdn. 86 ff.). Vielmehr dürften im Bereich der öffentlichen Verwaltung lediglich schlichtweg unvertretbare Entscheidungen den Tatbestand erfüllen, die bei einer nicht eigennützigen Verwendung der Haushaltsmittel den Staatswillen, mithin den von den zuständigen Gremien gebildeten Willen verfälschen. In dem vorliegenden Fall hat der Oberbürgermeister den Ankauf der Karten für die im Walder Stadion geplante Veranstaltung veranlasst, was er nach den Feststellungen des Revisionsdienstes der Stadt als Geschäft der laufenden Verwaltung ansah. Angesichts des finanziellen Aufwands von allein 87.500,-€ für die erworbenen Karten und der Tatsache, dass der Ankauf zur Zeit der vorläufigen Haushaltsführung geschah erscheint diese Einschätzung des Oberbürgermeisters als jedenfalls bedenklich. Vollkommen unvertretbar erscheint sie jedoch nicht. So lag der Beschaffung der Karten ein besonderer Anlass zu Grunde, da den durch die vorausgegangene Flutkatastrophe und die Corona-Pandemie besonders belasteten freiwilligen Helfern sowie den Mitarbeitenden von Polizei, Feuerwehr pp. ein besonderer Dank für die geleisteten Dienste ausgesprochen werden sollte. Ein eigennütziges Verhalten des Oberbürgermeisters ist damit nicht erkennbar. Dass der Oberbürgermeister davon ausgegangen ist, die getroffene Entscheidung nicht treffen zu dürfen und diese den Ansichten des Stadtrates entgegen lief ist unter den gegebenen Umständen nicht nachweisbar.
Schließlich ist auch nicht der Anfangsverdacht der Vorteilsgewährung (§ 333 StGB) gegeben. Nach der gängigen Kommentierung (Fischer; a.a.O., § 331 StGB Rdn. 26a) können Zuwendungen bis zu einem Wert von 50,- € als sozialadäquat anzusehen sein, was den Wert der einzelnen verschenkten Karten von 35,- € umfasst. Zudem entfällt gemäß § 333 Abs. 3 StGB eine Strafbarkeit, wenn die Annahme des Vorteils seitens des Dienstherren genehmigt wird. Bezüglich der beschenkten städtischen Bediensteten liegt in der Schenkung bereits die Genehmigung der Annahme, so dass auch aus diesem Grund kein strafbares Verhalten gegeben ist. Die Einleitung von Ermittlungen kommt deshalb nicht in Betracht.“
Stadt Solingen lehnt trotz Nachfrage eine Stellungnahme ab
Trotz Nachfrage unserer Redaktion bei der städtischen Pressestelle hat Stadtsprecher Lutz Peters eine Stellungnahme zu dem zitierten Schreiben der Staatsanwaltschaft abgelehnt. Ebenso verweigert die Stadt Solingen eine vorzeitige Aushändigung der Unterlagen der Rechnungsprüfung an die Presse, obwohl die Dokumente bereits seit längere Zeit bei der Staatsanwaltschaft Wuppertal vorliegen und dort ausgewertet wurden. Die Unterlagen seien nach Aussage von Lutz Peters derzeit „noch nicht veröffentlicht“.
Unklarheit herrscht aktuell noch, ob die Unterlagen in der nächsten Sitzung des RPA am 13. März zur öffentlichen Einsichtnahme vorliegen. „Über die Möglichkeit der öffentlichen Einsichtnahme entscheidet der Vorsitzende des Ausschusses nach rechtlicher Prüfung“ so ein Mitglied des Ausschusses, welches ungenannt bleiben möchte, im Gespräch mit unserer Redaktion.