Der Bergische HC hatte gegen den TBV Lemgo die große Chance auf einen Sieg, muss sich am Ende aber glücklich schätzen, beim 31:31 (15:16) einen Punkt gewonnen zu haben. Noah Beyer nutzte den finalen Wurf aus extrem schlechtem Winkel zum Ausgleich in letzter Sekunde. Der Zähler kann im Kampf um Platz 16 noch viel wert sein.
In mehreren Phasen der Partie hatten die Gastgeber vor knapp 2.400 Zuschauern einen Vorteil. Mit am stärksten agierte die Mannschaft gleich zu Beginn. Die Abwehr funktionierte zusamen mit Torhüter Christopher Rudeck, so dass Lemgo aus dem Spiel heraus zunächst überhaupt nicht traf. In der 13. Minute nahmen die Gäste ihre erste Auszeit, erst danach gelang ihnen ein Tor, das nicht von der Siebenmeter-Linie erzielt wurde.
Zu diesem Zeitpunkt führten die Bergischen 6:3. Ein Vorsprung, der innerhalb von acht Minuten dahin war. Nachdem der Zugriff in der Abwehr bis dahin hervorragend gewesen war, kamen die Gäste in der Folge zu besseren Gelegenheiten und nutzten diese auch konsequent. In der 20. Minute stand es 11:11, wenig später sogar 11:13 aus Sicht der Löwen, die nun auch diverse Gelegenheiten ungenutzt ließen.´
Tomas Babak war es, der sich ein Herz fasste und sich auf dem Weg zum 12:13 durchsetzte, Noah Beyer nutzte einen Rudeck-Pass zum 13:14 per Konter. Eine Minute später glich er per Strafwurf aus. Es war die Partie des Linksaußen, der nicht nur gewohnt emotional auftrat, sondern bei Würfen auch eine perfekte Quote aufwies. Dazu kämpfte der 27-Jährige um jeden Ball. Als er nach der Pause im Kampf um die Kugel über seinen Gegenspieler fiel, befürchteten die BHC-Fans schon eine Verletzung. Doch es blieb bei einer Schrecksekunde – er kam nach ein paar Angriffen wieder.
Vor der Halbzeit hielten sich die Bergischen im Spiel, danach glichen sie durch Lukas Stutzke umgehend aus. Und sie erarbeiteten sich erneut einen Vorteil, führten nach Treffern von Beyer, Frederik Ladefoged und Linus Arnesson 21:18 in der 40. Minute. Der Verlauf ähnelte nun der ersten Halbzeit, denn Lemgo fand wieder Antworten.
Trainer Florian Kehrmann versuchte es fortan mit dem siebten Feldspieler und hatte Erfolg. Der BHC kam dadurch etwas weniger in sein starkes Tempospiel, verschaffte sich per schneller Mitte aber noch den einen oder anderen Vorteil. Mussten die Gastgeber im gebundenen Angriff agieren, rieben sie sich oft auf. Lemgo kam also wieder ran, so dass zwei Minuten vor Schluss beim Stand von 29:29 alles offen war.
Die Gäste legten per Siebenmeter von Samuel Zehnder vor, Mads Andersen antwortete mit seinem sechsten Tor des Nachmittags zum 30:30 aus dem Rückraum. Den nächsten Lemgoer Angriff bekamen die Gastgeber beinahe gestoppt, dann traf Emil Laerke doch noch bei bereits angezeigtem Zeitspiel.
Mit dem Rücken zur Wand musste im letzten Angriff ein Tor her. Andersen bediente Beyer, der den Ball allerdings aus luftiger Höhe herunterpflücken musste. Dadurch wurde der Winkel
eigentlich viel zu knapp, doch bei ablaufender Zeit hatte er keine andere Wahl als zu werfen. Und er hatte Erfolg: Auch seinen zehnten und schwierigsten Versuch versenkte Beyer zum 31:31 -Videobeweis inklusive.
Der Punkt kann im Kampf um Platz 16 noch viel wert sein. Bei jeweils noch zwei ausstehenden Spielen haben die Bergischen zwei Zähler und drei Tore Rückstand auf den HC Erlangen, den man noch einholen möchte.
Löwengebrüll – Stimmen zum Spiel
Florian Kehrmann: „Das war heute ein enges Spiel mit schweren Voraussetzungen. Wir wussten, dass aktuell beim BHC sehr viel rund um den Handball passiert. Ich habe der Mannschaft gesagt, sie soll versuchen, das auszublenden. Ich glaube, am Anfang haben wir das nicht ganz geschafft. Wir kommen nicht gut ins Spiel, verwerfen zwei, drei eigentlich gut
herausgespielte Chancen und kämpfen uns dann im Laufe der ersten Halbzeit ins Spiel. Dass der BHC in der Abwehr durchwechselt, können wir für uns nutzen, da sie uns nicht mehr so stellen konnten wie am Anfang. In der zweiten Halbzeit ist es dann ein Spiegelbild: Wir kommen nicht gut rein, kämpfen uns – auch durch die Umstellung auf Sieben gegen Sechs – zurück und dann ist es ein ganz enges Spiel bis zum Schluss. Letztendlich können wir sagen: Beide haben einen Punkt und das ist toll – trotzdem: Ich bin sauer, weil uns durch eine Fehlentscheidung der zweite Punkt verloren geht. Ich habe schon genug Bilder geschickt bekommen, dass der Spieler bei der letzten Aktion im Aus steht. Am Ende hätten wir mit einem Tor gewonnen, ob das dann verdient ist oder nicht, ist egal. Wir haben in dieser Saison selbst auch schon genügend Spiele mit einem Tor verloren. Gerechtigkeit gibt es nicht immer im Sport. Und trotzdem bin ich heute stolz auf meine Mannschaft. Wir haben heute trotz der beiden Ausfälle von Jan Brosch und Frederik Simak zeitweise eine richtig gute Abwehr gestellt. Wir haben uns durch das Spiel gekämpft und hier verdient einen Punkt geholt.“
Markus Pütz: „Den einen Punkt nehmen wir natürlich mit, aber es tut natürlich weh, weil wir uns mehr vorgenommen hatten. Wir kommen sehr gut ins Spiel, stellen Lemgo defensiv vor Probleme und unser Umschaltspiel funktioniert gut. Der Knackpunkt kommt, als Kastelic sehr gut hält. Das Spiel jetzt auf die letzte Aktion herunterzubrechen, ist in meinen Augen zu einfach. Es war ein enges Spiel mit vielen 50:50-Aktionen. Ich weiß nicht, ob wir da heute den Vorteil hatten. Es lag heute nicht an den Schiedsrichterentscheidungen. Es ist schade, dass wir das Sieben gegen Sechs vom TBV in Halbzeit zwei nicht so gelöst bekommen, wie wir es eigentlich wollten. Wir wussten um die Zweikampfqualität von Suton und Hutecek. Und das waren einfach zu viele Durchbrüche zwischen fünf und sechs, wo wir vielleicht den ein oder anderen hätten wegnehmen können. Wir lassen uns trotzdem von dieser Negativphase nicht unterkriegen und kämpfen uns zurück. Das heißt: Die Mannschaft lebt, nimmt die Situation an und die Zuschauer sind dabei. Das ist das, was wir auf die Platte bringen wollen. Wir schaffen es wieder mehr, zu unserer Identität zurückzukommen. Und deswegen muss ich die Mannschaft loben. Wir werden jetzt weitermachen, rechnen uns auch in den kommenden zwei Spielen Chancen aus und solange es sportlich möglich ist, werden wir alles tun.“
Fabian Gutbrod: „Wenn man sieht, dass wir mit der Schlusssirene ausgleichen, dann ist es ein gewonnener Punkt. Schaut man sich den Spielverlauf an, ist es eher ein verlorener Punkt. Lemgo hat es unglaublich clever und abgezockt gemacht. Sie tun uns in der zweiten Halbzeit wahnsinnig weh mit dem Sieben gegen Sechs. Gefühlt machen sich mit jedem Angriff ein Tor. Das machen sie stark, beziehungsweise wir machen es nicht gut genug in der Abwehr, um das Spiel früher zuzumachen oder einen entscheidenden Vorsprung in der Schlussphase zu haben. Gut gefallen hat mir das Tempospiel, mit dem wir uns die Vorsprünge erarbeiten. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass es ein bisschen wegbricht, wenn wir wechseln müssen.“